Der morgendliche Sonnenschein in Italien lädt zum Entspannen ein. Die Nacht haben wir in der Nähe vom Lago di Alviano (Umbrien) verbracht und gehen den Morgen entspannt an. Wir schaffen es dennoch vormittags loszufahren. Es geht durch Weingebiete und herrliche kleine Dörfchen.

In einem werden wir bei einer kurzen Schauer von einem Italiener herangewunken, der uns zu sich einlädt. Leider spricht er kein Englisch oder Deutsch, so holt er seine Tochter zum Übersetzen heran. Ein Gespräch ist zwar anstrengend aber interessant. Da wir weiter wollen und noch einen geeigneten Platz finden sollten für den nächsten Tag, verabschieden wir uns. Wie prognostiziert Dauerregen, also wird der erste Pausentag unserer Reise im Zelt eingelegt. Wir finden ein ruhiges Plätzchen bei Gallese, sind dankbar für einander, genießen die Zeit, kochen gemütlich, lesen und hören Podcast.

Der nächste Tag lässt uns mit einigen längeren Regenpausen weiter zum Einkaufen. Endlich zeigt sich die Sonne und wir radeln durch tiefe Täler an vielen Castellos vorbei. Bei einer tollen Aussicht 30 km vor Rom genießen wir den Blick bis in die Nacht.

Nun lockt Rom und wir haben uns ein paar Sehenswürdigkeiten herausgesucht und hoffen gut durch die Stadt zu kommen. Auf dem Radweg direkt am Tiber ergibt sich ein kleiner Wettkampf mit einem Rennradfahrer. Patric wills wissen und lässt nicht locker. Es entsteht ein interessantes Gespräch mit @davidevannini über die politische Lage in Italien und wir werden von ihm auf einen Cappuccino in der Stadt eingeladen.

Er möchte uns gerne seine Stadt zeigen und er kennt die besten radtauglichen Wege. Das Erlebnis Sightseeing mit Reiserad in Großstadt entwickelt sich großartig und wir sind sehr erfreut wie sich dies ergeben hat. Wir fahren die meiste Zeit direkt unten am Fluss Tiber und verlassen ihn erst an der Ponte di Sublicio. Selbst durch den Schotter am Circo Massimo fährt David für uns mit seinem Rennrad. Dank Corona herrscht eine beeindruckend ruhige Stimmung im Zentrum von Italiens Hauptstadt.

An der Basilica Ulpia reden wir wieder über Politik und Davids Perspektive auf die Dinge in Italien. Schließlich radeln wir zum Piazza Venezia, auf dem Balkon vom Palazzo Venezia hat Mussolini Reden gehalten, dessen ehemaliges Feriendomizil wir zufällig später auf Rhodos besuchen werden.

Wir sind sehr glücklich mit der geführten Tour und verabschieden uns von Davide. Gegenüber vom Teatro di Marcello essen wir einen Happen und radeln auf der anderen Flussseite zurück zur Auffahrt der EV 7 . Ein Nachtlager weiter entlang des Flusses gibt uns eine gute Ausgangssituation um am nächsten Tag ans Meer zu gelangen.

Wir erreichen das Flussdelta des Tiber und gönnen uns Pizza. Der kommende Abschnitt führt uns eine ganze Weile am Strand entlang mit hohem Verkehrsaufkommen und schlechten Straßen. Zum Glück finden wir in der Dämmerung einen Schlafplatz mit Meerblick im Sand.

Patric fühlt sich gestresst von unserem Rhythmus und wir führen ein „Krisengespräch“. Wir finden einen Kompromiss und werden versuchen etwas zeitiger auf Schlafplatzsuche zu gehen. Nach entspannten Stunden am Meer führt die Route uns auf eine supertolle Nehrung.

Kurz nach Sabaudia finden wir neben einer Kaserne das Gelände eines Drachenbootvereines, welcher zum nächtigen einlädt. Die nächsten Tage sind geprägt von hohem Verkehrsaufkommen über holprige Straßen, viel Armut, überall Müll. Bilder, die sich einprägen, bei denen man noch dankbarer ist, was man selbst im Leben erfahren hat. Das französische Reiseradlerpaar treffen wir auf einer viel befahrenen Straße wieder, sie haben einen Platten. Hilfe wollen sie nicht. In einem kurzen Gespräch erfahren wir, dass die beiden für einen guten Zweck unterwegs nach Jordanien sind. Außerdem wurde ihnen als kleines Geschenk von ihren letzten Gastgebern 1 kg Schokolade in die Hand gedrückt. Als Reisender mit Muskelkraft sicherlich nicht das optimale Geschenk. Da sagen wir auch nicht Nein als uns etwas davon angeboten wird. Am Abend suchen wir bis in die Dunkelheit nach einem Schlafplatz. Landen dann aber als Belohnung an einer herrlich abgelegene Bucht.

Diese war früher ein natürlicher Hafen der Römer und es sind noch genügend steinerne Strukturen vorhanden um sich gut vorstellen zu können, wie es damals wohl ausgesehen hat. Bis auf eine Touristengruppe am Morgen haben wir diesen wunderschönen Ort für uns und genießen die Szenerie beim Frühstück. Wir entscheiden uns am Vormittag die umliegende Gegend mit weiteren Ruinen zu erkunden. Weiter geht es am Strand entlang, die ersten wilden Hunde zeigen sich friedlich und eher scheu, aber wir beschließen etwas „aufzurüsten“. An einer schönen Stelle wo wir ein paar Fotos machen werden wir von einer Frau angesprochen.

Sie ist auf dem Weg von Deutschland nach Sardinien und gerade dabei einen anderen Reiseradler einzusammeln, der sich bei einem Sturz die Rippen geprellt hat. In der Dämmerung besorgen wir uns die „Verteidigungswaffe“ gegen wilde Hunde. Dafür schneiden wir am Straßenrad ein paar Bambusstangen zurecht. Dabei treffen wir auf Enzo (@enzopalepoli ), der sich extrem hilfsbereit zeigt. Ohne uns zu kennen, setzt er seine Beziehungen ein um uns bei den ortsansässigen Pfadfindern ein Nachtlager zu organisieren. Grazie mille Enzo! Wir sind gespannt auf dieses Abenteuer. Das die Pfadfinder ihr Lager am Lago del Fusaro aufgeschlagen haben ist kein Zufall, wie sich am nächsten Tag herausstellt.

Ein großes Treffen ist angesagt mit vielen Fahnen, Märschen, Musik und Gesang. Dabei schauen wir mit offenem Mund dem treiben zu. Ein Pfadfinder kommt kurz bevor wir abfahren auf uns zu, ist ganz interessiert und wünscht uns das Beste. Wir verabschieden und bedankend uns. Neapel liegt vor uns und wir sind gespannt. Die große Stadt entpuppt sich schnell als dreckig, voller Abgase, übersät mit Schlaglöchern und endlosem unebenen Kopfsteinpflaster. Schnell wollen wir sie hinter uns bringen. Außer einem kurzen Stück Radweg im Zentrum am Meer, wirklich nicht lohnenswert und unangenehm zu radeln. Zum Glück bessert sich der Zustand und wir landen wieder im Ländlichen. Natürlich schon wieder einen Klettersteig vor Augen 🙂

Am Schlafplatz kurz hinter Volturara Irpina treffen wir Francesco am Abend, der gleich einwilligt unsere Räder für das Klettervorhaben zu beherbergen. Am nächsten Vormittag fahren wir zurück in den Ort und werden in einen schönen Garten direkt neben der Kirche geführt. Dort stellt er uns seine Mutter vor. Dann gehen wir den kurzen und knackigen Klettersteig an. Unterhalb treffen wir ein sehr sehr altes rüstiges Mütterchen welche uns den Weg weisen möchte, aber nicht glauben kann das wir die Wand hoch wollen. Nach dem Abstieg gehen wir wieder zu zum Haus und werden direkt zum Mittag eingeladen. Unser erstes hausgemachtes italienisches Essen. Es gibt bei hohen Temperaturen eine leichte Mahlzeit. Serviert wird Mozarella mit Tomaten und Basilikum, hauchdünnen Schinken, ein uns unbekanntes Gemüse und noch einiges mehr. Zum Abschluss gibt es noch ein Gläschen selbstgemachten Fenchel-Likör. Tolle Gastfreundschaft! Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Francesco und seiner Mutter.

Wir fahren gut gestärkt und zufrieden weiter. Am nächsten Tag der Reise gehen wir zum ersten Mal getrennte Wege und es wird zu einem Abenteuer wie es im Buche steht. Doch dazu mehr im nächsten Artikel.